Welche Sportart ist wirklich sportlich?

Wer ist für Dich sportlich, lieber Leser? Ist es der ausdauernde Marathonläufer? Oder ein Kampfsportler mit seiner Schnelligkeit und Beweglichkeit? Bist du fasziniert, wenn Gewichtheber mehr als das Doppelte ihres Körpergewichtes über den Kopf stemmen? Was ist mit der nächsten Generation? Den jungen, wilden Parkour-Läufern, die mit gewagten Manövern über Autos und von Haus zu Haus springen? Oder der Sportkletterer, der sein gesamtes Körpergewicht an winzigen Griffen zu halten vermag?

 

Natürlich sind alle sportlich! Doch welche Sportart ist denn die gesündeste? Die, die uns zu genereller Fitness verhilft? Ja, die Sportart, die uns wirklich sportlich macht?

 

Endgültig lässt sich diese Frage wohl nicht beantworten. Um Sportarten analytisch betrachten zu können, möchte ich zunächst auf einen alten Begriff der Sportmedizin eingehen: die motorischen Grundfähigkeiten. Der ideale, gesunde Sport, sollte jede motorische Grundfähigkeit beinhalten.

Die 5 motorischen Grundfähigkeiten sind:

Kraft

Ausdauer

Koordination

Beweglichkeit

Schnelligkeit

Jede motorische Grundfähigkeit lässt sich natürlich noch weiter unterteilen, z. B. Schnellkraft, Maximalkraft, Kraftausdauer usw. Doch darauf gehe ich in diesem Artikel nicht näher ein. Ich möchte den Grundfähigkeiten Organsysteme zuteilen. Und zwar werde ich jeder Grundfähigkeit ein Schlüsselsystem zuordnen. Dabei hat jedes Schlüsselsystem seinen Schlüsselreiz um gesund und leistungsfähig zu bleiben.

 

Zu 1) Das System der Skelettmuskulatur ist das Schlüsselsystem für die Kraft. Der Schlüsselreiz ist die Muskelspannung. Bewegungen gegen Widerstand oder auch Halteübungen fordern die Muskulatur in ihrer Funktion. Und wie bei keinem anderen Schlüsselsystem, lässt sich sofort erkennen, wer seine Muskeln trainiert. Denn Muskeln passen sich, sowohl durch Leistungsverbesserung, also Krafterhöhung, aber auch durch Volumenzuwachs an. Doch wie groß und wie stark Muskeln werden, ist abhängig von der Art des Trainings, sowie der Genetik. So können kleine, drahtige Muskeln mir Kraft haben, als großvolumige Muskulatur.

 

Zu 2) Für die Ausdauer ist das Schlüsselsystem das Herz-Lungen-Gefäß-System oder auch das Herz-Kreislauf-System. Der Schlüsselreiz ist das Ausdauertraining. Und zwar längere (so ab 15 Minuten) Ausdauerbelastungen, bei denen man nicht außer Atem gerät. Verfügst Du über eine gute Grundlagenausdauer, ist es sinnvoll Intervalltraining einzubauen. Dadurch forderst du das Herz-Kreislauf-System zusätzlich. Das Herz passt sich durch eine Vergrößerung und einen stärkeren Herzmuskel an. Ziel ist es, mit einem Herzschlag, so viel Blut wie möglich in den Kreislauf zu pumpen. Dadurch hat ein trainierter Ausdauerathlet, auch stets eine sehr niedrige Ruhe-Herzfrequenz. Auch die Lunge wird größer und vermag mit jedem Atemzug mehr Luft einzuatmen. Außerdem lernt der Körper, mehr Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft aufzunehmen.

 

Zu 3) Das Gehirn bzw. Nervensystem ist das Schlüsselsystem für die Koordination. Der Schlüsselreiz ist Koordinationstraining. Das kann einfach nur Gleichgewichtstraining sein oder auch sportartspezifisches Training, z. B. die perfekte Rückhand beim Tennis. Durch Training werden nervale Verzweigungen in optimaler Weise genutzt. Das Nervensystem lernt, die für eine Bewegung notwendigen Muskeln schnellstmöglich zu erreichen. So reagieren beispielsweise die Muskeln eines Seiltänzers präzise im richtigen Moment, um den Gleichgewichtsverlust zu verhindern.

 

Zu 4) Noch vor einigen Jahren, hätte ich der Beweglichkeit kein Schlüsselsystem zuordnen können. Mit heutigem Kenntnisstand jedoch, übernimmt das Fasziensystem, meiner Meinung nach, eindeutig diese Funktion. Die Beweglichkeit hat zwei Schlüsselreize. Zum einen das dynamische Dehnen, in alle erdenklichen Bewegungsrichtungen. Zum anderen die maximalen Gelenkbewegungen, um jedes einzelne Gelenk beweglich zu halten. 

Der aufmerksame Leser meiner Blogs, weiß allerdings, dass ich zum optimalen Erhalt der Faszien Gesundheit zusätzlich Schwungbewegungen und Sprungtraining empfehle.

     

Zu 5) Schnelligkeit hat kein Schlüsselsystem und keinen Schlüsselreiz. Sie bildet die Ausnahme, da sie, genau genommen, eine Kombination der anderen 4 motorischen Grundfähigkeiten darstellt. Meiner Meinung nach sollte es nur vier motorische Grundfähigkeiten geben. Doch pro forma habe ich die Schnelligkeit mit aufgeführt.

 

Die perfekte Sportart sollte alle 4 (5) motorischen Grundfähigkeiten beinhalten. Schauen wir uns mal im Schnellverfahren 3 gängige Sportarten und 2 Trendsportarten an. Wir gehen davon aus, dass die Sportart mindestens 2, doch eher 3-4 mal pro Woche betrieben wird.

     

    1. Fußball

Bekanntermaßen haben Fußballer stets muskulöse und kraftvolle Beine. Durch die schnellen Richtungswechsel und die Explosivität im Lauf, wird auch die Rumpfmuskulatur intensiv trainiert. Ausdauer wird zwar nur intervallartig trainiert. Doch wer einige Stunden pro Woche über den Fußballplatz fetzt, könnte mit Sicherheit, ohne zusätzliches Training einen 10 km Lauf absolvieren.  Zu kurz kommen könnte also nur die Beweglichkeit, wenn diese nicht extra trainiert wird.

    2. Fitness Training an Geräten

Beim klassischen Fitnesscenter werden die Koordination und die Beweglichkeit meist zu wenig trainiert. Auf dem Crosstrainer oder Fahrradergometer wird die Ausdauer trainiert und an den Fitnessgeräten die Kraft. Der Trend in den Fitnessstudios geht jedoch immer mehr Richtung "Functionell Fitness". Übungen mit dem eigenen Körpergewicht oder an Geräten. Allerdings fordern anspruchsvolle Bewegungsabläufe gute Beweglichkeit und eine gute Koordination. Eine großartige Entwicklung, die mit einem guten Trainingsplan alle motorischen Grundfähigkeiten abdeckt.

    3. Jogging

Das Herz-Kreislauf-System eines guten Läufers, funktioniert so zuverlässig wie der gepflegte Dieselmotor in einem alten VW-Bus. Der Anspruch für den Bewegungsapparat ist jedoch sehr einseitig. Um lange laufen zu können, braucht man tatsächlich keine große Kraft, Koordination oder Beweglichkeit. Ein ergänzendes Training ist sinnvoll.

    4. Klettern

Gute Kletterer sind, gerade im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht, enorm stark. Auch gute Koordination und Beweglichkeit sind Voraussetzung für einen guten Kletterstil. Doch Klettern ist eine ruhige, eher bedächtige Sportart. Das Herz-Kreislauf-System wird wenig gefordert. Selbst wenn eine lange Route geklettert wird, ist der limitierende Faktor stets die Kraft oder ein schlecht gewählter Griff oder Tritt. Wirklich außer Atem, gerät der Kletterer nicht.

    5. Parkour

Tja, Parkour ist für mich die sportlichste Sportart der Neuzeit. Parkour-Sportler sind tatsächlich meist im Laufschritt unterwegs. Hindernisse werden spontan, in akrobatischer Weise überwunden. Dabei wird balanciert, an Stangen geschwungen, es werden Saltos gedreht und faszinierende Sprungleistungen vollbracht. Absolute Allrounder. 

 

So, lieber Leser. Mit den motorischen Grundfähigkeiten hast Du die Möglichkeit, Sportarten für die Du Dich interessierst, zu beurteilen. Und zwar im Sinne der Ganzkörper Fitness oder auch der Sportlichkeit.

Übrigens gehört es für einige leider dazu, gerade beim Parkour vollkommen hirnrissige Risiken einzugehen. Beispielsweise ist es nicht mutig, von Haus zu Haus zu springen, wenn das reale Risiko besteht, viele Meter in die Tiefe zu stürzen. Also, lieber Leser, sollte Dich Parkour reizen, lass Dich bloß nicht von diesen Vollidioten anstecken, sondern hol Dir den "Kick"  durch Deine besser werdenden Leistungen und setze Deine Gesundheit für keine Sportart der Welt aufs Spiel!

 

 

 


Weitere Blogartikel

Kommentar schreiben

Kommentare: 0